Die zitierte Auslegung/Meinung zur Scheidung ist von bibelkreis.ch. Bereits in den ersten Sätzen wird klar, dass hier etwas vorangestellt wird, um dann darauf zu bauen:
Die allermeisten Bibelleser oder Zuhörer sind nicht willens, zu unterscheiden.
Wenn der Herr Jesus etwas zu den Israeliten sagte in den 4 Evangelien, dann redet er zu Menschen unter dem Gesetz Moses,
das sind alle Menschen aus den Nationen nicht,
das sind die Wiedergeborenen Christen nicht,
Sondern das sind, (waren) nur die Israeliten.
Mit dieser Ansicht - diese ist die Schriftteilungslehre - behauptet man, dass grundsätzlich alles, was in den Evangelien steht eigentlich gar nicht an die Gemeinde Jesu gilt, sondern nur an Israel. Es gab damals keine Gemeinde, daher konnte sich Christus nur an Israel (die Zuhörer als auch seine Jünger waren ja nur Israeliten) richten. Daher ist damit alles, was dort steht, nicht für die Gemeinde bestimmt, informativ, aber eben nicht normativ, keine Lehre.
Bei dem Thema der Ehescheidung macht man es nun so:
- die Aussagen Christi in den Evangelien gelten nur Israel, nicht den Heiden
- den Heiden gelten nur die Aussagen in den Lehrbriefen, daher 1. Kor. 7
- dann wird der Vers 1. Kor. 7,11 überhoben und verabsolutiert
Daraus folgt dann, dass jede Art der Ehe immer gilt und nicht aufgehoben wird, außer durch Tod.
Tatsächlich aber gibt bereits die Stelle aus 1. Kor. 7.10 den Verweis auf die Aussagen Christi. Christus lehrte in den Evangelien über die Scheidung:
Mt 5,31 Es ist auch gesagt: «Wer sich von seiner Frau scheidet, der gebe ihr einen Scheidebrief.»
Mt 5,32 Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, ausgenommen wegen Unzucht, der macht, daß sie die Ehe bricht. Und wer eine Geschiedene zur Ehe nimmt, der bricht die Ehe.
Hier belehrt Christus die Jünger und grenzt den Scheidebrief entscheidend ein. Der Scheidebrief (5.Mose 24,1ff) ist nicht präzise, sondern sagt aus:
5Mo 24,1 Wenn jemand ein Weib nimmt und sie ehelicht, und sie findet nicht Gnade vor seinen Augen, weil er etwas Schändliches an ihr gefunden hat, so soll er ihr einen Scheidebrief schreiben und ihr denselben in die Hand geben und sie aus seinem Hause entlassen.
5Mo 24,2 Wenn sie dann sein Haus verlassen hat und hingegangen und eines andern Weib geworden ist,
5Mo 24,3 und derselbe andere Mann ihr auch gram wird, daß er einen Scheidebrief schreibt und ihr denselben in die Hand gibt und sie aus seinem Hause entläßt; oder wenn der andere Mann stirbt, der sie sich zum Weibe genommen hat -
5Mo 24,4 so kann ihr erster Mann, der sie entlassen hat, sie nicht wieder nehmen, daß sie alsdann sein Weib sei, nachdem sie verunreinigt worden ist; denn das wäre ein Greuel vor dem HERRN; und du sollst das Land nicht mit Sünde beflecken, das dir der HERR, dein Gott, zum Erbe gegeben hat.
Es genügte damals "etwas Schändliches" an der Frau zu finden. Das wurde dann ausgeweitet in der Auslegung, dass bereits ein angebranntes Essen dafür reichte. Diese Unzucht, sich von der Frau scheiden zu lassen, um dann eine jüngere sich zu nehmen, ist bei den Propheten häufig beklagt worden. Christus hat nun hier das eingeschränkt, jedoch einen Punkt hier als Scheidungsgrund zugelassen: Unzucht.
Diese Diskussion um Scheidung ist ein Paradebeispiel für Bibelauslegung und deren Methodik. Man sieht, wie sehr diese Ansätze das Ergebnis beeinflussen und letztlich allein hier schon die Methodik zum Ergebnismacher wird. Mein Ansatz in der Bibelauslegung ist, dass man im Kontext der Bibel bleiben muss, nichts dazu oder weg tun darf. Folglich beginnt dieser Begriff Scheidung im At bei dem Scheidebrief. Durch diesen Scheidebrief war klar, dass die Frau/Mann danach wieder einen anderen heiraten konnte und durfte. Der Scheidebrief hat die Ehe völlig aufgehoben. Dies ging sogar so weit, dass eine Wiederheirat, wenn die Frau zwischenzeitlich einen anderen Mann hatte, verneint wurde.
Israel und Juda haben von Gott im übrigen auch einen Scheidebrief erhalten, wurden aus der Ehe mit Gott entlassen! (Jer. 3)
Bezüglich dieser Praxis in Israel befragten die Jünger Christus und hier beendete Christus diese Unsitte der Scheidung und grenzte das allein auf Unzucht ein. Jedoch wurde nicht ein neuer Typ Scheidebrief geschaffen, sondern es wurde im Kontext der Eheauflösung die Unzucht als Grund für die Ehescheidung zugelassen.
Im Korintherbrief setzt Paulus nun genau an diesen Aussagen des Herrn an und zitiert den Herrn, jedoch eben ohne die Ausnahme nochmals zu wiederholen. Demnach gilt bei Paulus immer noch das, was Christus in den Evangelien lehrte. Paulus hat hier nichts verändert oder aufgehoben. Er ergänzt aber im Kor.-Brief das Problem derjenigen, die infolge ihres Glaubens verstoßen werden:
1Kor 7,12 Den übrigen aber sage ich, nicht der Herr: Wenn ein Bruder eine ungläubige Frau hat, und diese ist einverstanden, bei ihm zu wohnen, so soll er sie nicht verstoßen;
1Kor 7,13 und wenn eine Frau einen ungläubigen Mann hat, und dieser ist einverstanden, bei ihr zu wohnen, so soll sie den Mann nicht verlassen.
1Kor 7,14 Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durch die Frau, und die ungläubige Frau ist geheiligt durch den Bruder; sonst wären eure Kinder unrein, nun aber sind sie heilig.
1Kor 7,15 Will sich aber der ungläubige Teil scheiden, so scheide er! Der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht gebunden. In Frieden aber hat uns Gott berufen.
Paulus lässt daher in diesem Zusammenhang sogar auch die Scheidung aus Glaubensgründen zu (wenn der nichtgläubige Partner den gläubigen Partner verstößt). Diese Scheidung ist aber nicht eine Trennung, sondern noch immer eine Ehescheidung, da im Kontext des Scheidebriefs, der kompletten Auflösung der Ehe.
Lässt man aber den Kontext der Bibel weg, schneidet das Evangelium und das AT einfach weg, kreiert die Lehre von Paulus als völlig neu und ohne Einbindung in das bisher gelehrte, kommt dann heraus, dass es überhaupt keine Scheidung gibt und man sich bestenfalls trennen kann, in jedem Falle aber nicht wieder heiraten kann.
Man kann das auch in dem zeitlichen Kontext näher betrachten. Wie sollte eine damalige Frau denn zurecht kommen, wenn sie durch Scheidung auf der Straße stand? Sie war mittellos in der damaligen Rechtsordnung und nur durch Ehe versorgt und in Unterstützung (sofern sie keine Familie sonst hatte). Wie sollte damals denn dann diese Frau über die Runden kommen? Daher sind viele durch Scheidung auf die Straße geworfenen Frauen in die Prostutition gezwungen worden.
Ich meine daher, dass Scheidung zulässig ist -auch unter Christen - jedoch nur dann, wenn eben Unzucht vorliegt oder der andere, ungläubige Partner definitiv nicht mit einem Christen verheiratet sein will. Nur in diese 2 Fällen wäre man frei, wieder zu heiraten, wobei man ja dazu nicht gezwungen ist, man kann heute ja auch gut unverheiratet bleiben, da die äußeren Umstände der Versorgung wesentlich besser ja sind.
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PS: Gott hat sich auch geschieden. Er hat Israel den Scheidebrief gegeben (Jer. 3,8)